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Beat Breitenstein – Texte Werke I Ausstellungen I Vita
 
verspiegelt hoch 3
Die neuen Wandobjekte Breitensteins entfalten anschaulich das Motiv der Spiegelung in Gestalt, Materialität und Verbindung zur zweiten Materie Spiegel/-glas. Die Erfahrung dieser bewussten Klarheit ist angenehm, da sie nach innen führt: Frei von Ballast, fort von Chaos, mit dem Fokus auf reine Wahrnehmung. Durch Wippen, Drehen und Beugen in der Betrachtung gewinnen die Winkel ihre Möglichkeiten. Sie binden den Schauenden. Das Glas erscheint und reflektiert nach aussen oder gleichsam hinein spiegelnd, farbig, glatt oder unregelmässig die Materialität des Holzes. Besonders deutlich erinnert man den Spiegel, befindet man sich vor einem Objekt ohne Glas.
Eher über die Sinne als über den Verstand entdeckt man Strukturähnlichkeiten, die aus Reduktion auf Spiegelung, Sehwinkel und die feine Schatten werfende Holzoberfläche resultieren. Zwar sind oxidierte Eichenobjekte aus früheren Arbeiten Breitensteins bekannt, ganz anders aber thematisieren sie hier – in freien oder teiloffenen Flächenräumen – das Wesen von Erscheinen und Verschwinden als Grundkonstanten der ästhetischen Wahrnehmung.
Von jeher hat den Menschen das Erkennen im Spiegel versichert und verunsichert zugleich. Der Mythos von Narziss zeigt dies, denn bereits die geringste Störung der Perfektion gereichte zum Wahn. In der Zügelung dieses Vorgangs besteht die Kulturleistung des Spiegels, aus deren Funktionalität man jedoch weniger Erkenntnis zieht als aus der graduellen Irregularität: Die Wandobjekte zeigen Spiegelung in glatter Oberfläche, verzerrender Optik mundgeblasenen Glases oder farbig getönt. Die Kernerfahrung des Gespiegeltwerdens wandelt sich im Prozess dieser Dematerialisierung um: Das „Erkenne dich selbst“ beginnt folglich erst dann, wenn die einfache Spiegelung in eine komplexere übergeht. Umwelt und Mensch erscheinen in der Struktur eines Kunstwerks grundsätzlich verändert.
Die Hängung eines Teils der Ausstellung in Reihe greift ein musikalisches Thema auf, dessen Formvielfalt dennoch Kontemplation ermöglicht. Dieses rhythmische Pulsen wächst aus sich öffnenden und schliessenden Prinzipien, deren ganz unterschiedliche ästhetische Ausstrahlungen den angemessenen Umgang mit Ambivalenz erfragen. So treten grundverschiedene ästhetische Muster miteinander in Verbindung: Schatten begegnen uns dort, wo das strahlendste Gold leuchtet, irreguläre Abschnitte sind von glatten Oberflächen abgesetzt. Das gewählte Format wird durch gezielte Ausschnitte gezügelt oder verstärkt, denn der goldene Schnitt als ewiges Prinzip der Verhältnisse verführt zur Annäherung.
Manche Objekte wirken stärker einnehmend, während die flächenbezogenen Abschnitte anders raumbezogen sind. Dadurch wird der Betrachter unterschiedlich intensiv angezogen. Schliesslich muss man sich gegebenenfalls paradox verhalten, denn konkrete Kunst bricht mit den Konzepten des Gefallens. Diese reduzierte Form der Brechung ist unerlässlich für jede Erkenntnis.
Jan Pfennig, zur Ausstellung 2017
 
Faszination Holz
Beat Breitenstein war seit jeher vom Material Holz fasziniert; sei dies nun die haushohe Eiche, die tief in der Erde verwurzelt ist, oder das aus ihr gewonnene Holz. Er versteht es, dieses Material so zu bearbeiten, dass die ursprüngliche Kraft weiterhin sicht- und spürbar bleibt. Viele seiner Arbeiten bestehen aus ausgehöhlten und zersägten Baumstämmen, die er, seien dies in Rondellen oder Quadern, wiederum zu Skulpturen zusammenfügt. Dadurch verleiht er den Skulpturen einen Rhythmus. Allen seinen Skulpturen, in neuerer Zeit auch Reliefs, ist die für Breitenstein bezeichnende Oberflächenbehandlung gemein. Durch einen gesteuerten Oxidationsprozesses verleiht er seinen Werken eine meist sehr dunkle, aber auch in subtiler Farbigkeit erscheinende Oberfläche. Dazu verwendet er zum Beispiel feinen Metallstaub, der mittels Flüssigkeit die oberen Schichten des Holzes oxidieren lässt. In diesen sind die vielfältigen Spuren seiner Arbeit, unter anderem mit der Motorsäge, ablesbar. Einem Netz von feinen und gröberen Linien und Furchen gleich überziehen diese Spuren so die Werke Breitensteins. Sie wiederum unterstreichen den Charakter des vom Künstler so geliebten Materials, des Holzes.
Es scheint, als seien den Inspirationen des Künstlers keine Grenzen gesetzt. So wagt er sich auch daran, Holz mit anderen Materialien wie Metall oder Acrylglas oder Bienenwachs zu kombinieren. Ihm gelingt diese delikate Gratwanderung mit Bravour. Das Resultat ist beeindruckend. Die Kraft des Materials Holz wird dadurch sogar noch unterstrichen. Scheinen kleinere, filigrane Skulpturen die Leichtigkeit und Beschwingtheit von Metallskulpturen zu haben, so gleichen die grossen Werke fast schon Stelen und Quadern, die aus Stein gemeisselt sind. Doch all diese Skulpturen, unabhängig von der Formgebung und Dimension, strahlen eine Faszination aus, der sich der Betrachter kaum zu enziehen vermag. Sogar die taktilen Reize werden dadurch angesprochen – ein weiteres Merkmal, welches das scheinbar altbekannte Material Holz in ein neues, doch verständliches Licht rückt.
Thomas Maschijew, zur Ausstellung 2014